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Radreise durch Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande
3.050 km in 37 Tagen: Radreise von Deutschland ins Elsaß, entlang der Maas durch Frankreich, Belgien und die Niederlande und zurück nach Deutschland im Sommer 2022, Teil 3
Tag 31: Groningen - Barßel, 101 km
Das Frühstück gab es heute auf dem einzigen Stuhl des Zimmers, wer Budget bucht, bekommt eben auch Budget. Groningen zu verlassen war genauso entspannt wie hinein zu fahren. Was dann folgte, war eher langweilig: 15 km fast immer gerade aus folgten wir dem Kanal Slochterdiep. Der Wind meinte es gut mit uns und so kamen wir sehr gut voran. Bei der ersten Pause im Städtchen Scheemda lag so bereits 1/3 der Strecke hinter uns. Durch lange Alleen und kleine Dörfer näherten wir uns der deutschen Grenze bei Bad Nieuweschanz. Spätestens auf dem Radweg nach Bunde wussten wir, Deutschland hat uns nach 3 Wochen wieder. Denn so schlechte Fahrradinfrastruktur, das konnten schon nicht mehr die Niederlande sein. Zur Mittagspause in Weener gabs Pasta. Die hatten wir uns schon redlich verdient, mit 66 km hatten wir schon 2/3 geschafft. Weiter gings mit der Personenfähre über die Ems. Die Friesenbrücke bei Weener wurde vor 7 Jahren von einem Schiff zerstört. Seitdem gibt es diese kleine Fähre, gesponsert von der Meyerwerft. Auf der anderen Seite des Flusses gings im Prinzip ähnlich weiter. Auf kleinen Landstraßen, mal mit mal ohne Radweg spulten wir Kilometer für Kilometer ab. Ein Stück unserer Etappe legten wir dabei auf der Deutschen Fehnroute zurück und überquerten den Elisabeth-Fehn-Kanal. Häufig wichen wir auf die Straße aus, denn teilweise verdienten die Radwege ihren Namen nicht. Ganz im Gegenteil zu den letzten 10 km bis zum Ziel: auf dem klasse Radweg erreichten wir durch schöne Alleen im Eilzugtempo die Kleinstadt Barßel.
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Tag 31: Groningen - Barßel, 101 km
Niederlande: unser Fazit
Wir sind von Süden nach Norden durch 6 Provinzen der Niederlande geradelt. Die Strecke entlang der Maas war so typisch Niederlande: neben dem Fluss gibt es viele Kanäle, unzählige Schleusen und Brücken. Die Dörfer, durch die wir kamen, waren sehr gepflegt und dann ist da natürlich noch die gute Radweg-Infrastruktur, die ihres Gleichen sucht. Allerdings war unser Eindruck, dass die Oberflächenqualität seit unserer letzten Tour durch die Niederlande in 2018 nachgelassen hat. Viele (Innen)Städte fanden wir einfach nur schön, z.B Maastricht, Delft, Haarlem oder Harlingen. Auch Rotterdam mit seiner modernen Architektur fanden wir sehr beeindruckend. Die großen Städte umgibt meist ein Gürtel aus Industriegebieten und oft weniger attraktiven Vorstädten, durch die der Radreisende durch muss. Landschaftlich hat uns die Strecke entlang der Nordseeküste besonders gefallen. Ob die wunderschöne Dünenlandschaft bei Den Haag oder das Wattenmeer nördlich von Den Helder, schwer zu sagen. Noch ein paar Worte zum Thema Radfahren in den Niederlanden: Durch die gute Infrastruktur macht Radeln hier (meistens) Spaß. Nervig sind: rücksichtslose Rollerfahrer auf dem Radweg, mit geringem Abstand überholende Autofahrer und leider auch Radfahrer(!)
Tag 32: Barßel - Bremen, 100 km
Das Timing am Morgen war super. Es regnete kräftig und nach dem Frühstück war der Spuk vorbei und wir konnten im Trocknen starten. Das der Tag nicht extrem spannend werden würde, war klar. Immerhin sind wir die Strecke über Oldenburg bis Bremen erst im vergangenen Sommer gefahren. Diesmal haben wir eine andere Route gewählt, die uns bis Berne am Fluss Hunte entlang führte. In Bad Zwischenahn kurzer Stopp an der gefakten Rügenwalder Mühle und kurz danach eine etwas längere Zwangspause, denn es regnete. In Oldenburg angekommen, startete die Aktion "Ballast abwerfen": Um auf dem Rad unser Zuhause in Thüringen zu erreichen, wollten wir in der letzten Woche jeden Tag ca. 100 km fahren. Da klar war, dass wir an den wenigsten Zielorten Campingplätze finden würden, übernachten wir nur noch im Hotel. Daher haben wir im Baumarkt einen Umzugskarton und Paketklebeband besorgt und die komplette Campingausrüstung (18 kg) eingepackt und nach Hause geschickt. Von Oldenburg radelten wir mit kräftigem Rückenwind weiter entlang der Hunte. Mit kleinen Seen und Nebenarmen war dieser Abschnitt landschaftlich sehr schön und fast immer verkehrsfrei. Bei Elsfleht stießen wir auf die Weser, die uns bis Verden begleiten würde. Auch auf dem Weserradweg blies ein kräftiger Rückenwind und Steffi wollte mir mal ihre Tempohärte demonstrieren ;-) So sind wir schon mal mit bis zu 40 km/h über den Asphalt gebrettert. In Bremen angekommen waren natürlich die obligatorischen Fotos am Markt fällig. Nach 100 zügig gefahrenen Kilometern hatten wir uns eine Kaffeepause so was von verdient. Dann gabs sogar noch etwas Kulturprogramm: Ein Cello-Quintett spielte in der Fußgängerzone Musik, bei der man einfach stehen bleiben musste. Nach dem Einkauf noch den einen Kilometer bis zum Hotel geradelt und dabei hätte mich beinahe ein Kampfradler vom Rad geschossen. Der Rest: Einchecken und Chillen.
Die vier Bremer Stadtmusikanten
Tag 33: Bremen - Schwarmstedt, 99 km
Nach dem sehr guten Frühstück im Hotel sind wir im morgendlichen Berufsverkehr den kurzen Weg zurück zur Weser geradelt. Lange Zeit gings direkt am Fluss entlang. Das Licht am Morgen ist immer wieder faszinierend und es zaubert selbst aus eigentlich wenig attraktiven Motiven klasse Motive. Der Wind trieb uns kräftig voran und so fraßen wir die Kilometer an der Weser oder Kanälen nur so. 10:45 Uhr erreichten wir Verden und hatten schon 47 km geschafft. Nach der Pause beim Bäcker war ab der Pferdestadt die Aller unser Begleiter. Vom Nebenfluss der Weser sahen wir anfangs so gut wie nichts, denn der Allerradweg verläuft an kleine Landstraßen mehr oder weniger parallel zum Fluss. Die Landschaft ist geprägt von intensiver Landwirtschaft und so strampelten wir ohne wirklich Sehenswertes voran. Ein paar Kilometer vor Rethem sorgte der Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse für etwas Abwechslung. Mittagspause in Rethem, Burger für mich und Steffi bekam ihr Schnitzel, auf das sie sich schon seit Frankreich gefreut hat. :-) Hinter Rethem bekamen wir dann die Aller zu sehen, in engen Schleifen mäanderte der Fluss durch Felder und Wiesen. Die Sonne und der blaue Himmel kreierten tolle Momente. Noch einmal ein paar Kilometer auf der ehemaligen Bahntrasse und entlang schöner Alleen brachten uns schon kurz nach 15 Uhr ans Ziel in Schwarmstedt.
Der Rückenwind - unser bester Freund
Tag 34: Schwarmstedt - Nordstemmen, 112 km
Schon 07:45 Uhr saßen wir auf den Rädern. Kurz hinter Grindau nahm das Drama seinen Lauf. Zuerst hieß es, einen Trampelpfad mit Sand und Schotter zu bewältigen. Wenig später war der Wirtschaftsweg bei Niedernstöcken mit einer Schicht losem Schotter bedeckt - fast unfahrbar. Und das war die offizielle Wegführung des Leineradwegs! Wir sind danach häufiger auf die Straße ausgewichen, war auch egal, da kaum noch Radwege vorhanden waren. Und das sollte zusammengefasst das Motto des Tages werden: nimm einen x-beliebigen Weg, stelle ein Schild auf und erkläre ihn damit zum Radweg. Den Abstecher nach Neustadt am Rübenberge (was für ein Name!) hätten wir uns sparen können, denn wirklich Sehenswertes konnten wir nicht entdecken. Für eine Kaffeepause hat es trotzdem gereicht. Neben teils stark befahrenen Straßen näherten wir uns Hannover und unterquerten den Mittellandkanal. Die Leine bekamen wir nur selten zu Gesicht und wenn, dann nur für Sekunden. Die Fahrt ins Zentrum der Landeshauptstadt von Niedersachsen hat Spaß gemacht. Durch Parks und Grünanlagen gings ganz entspannt bis in die Stadtmitte. Zum Mittag zur Abwechslung mal Pizza, ich hatte eine Diabolo und danach 2 Stunden Durst ohne Ende. In Hannover war natürlich der Maschsee und das Neue Rathaus ein Muss, denn wo findet man schon ein Rathaus, das wie ein Schloss aussieht? Als der schöne große Maschsee hinter uns lag, hatten wir den Eindruck, auf einem komplett anderen Leine-Heide-Radweg unterwegs zu sein. Zwischen kleinen Tümpeln, Wasserläufen, Wald und der Leine schlängelte sich der schmale Pfad, mehr Trampelpfad als Radweg. Später radelten wir durch eine kleine Seenplatte, die Koldinger Teiche, entstanden durch den Abbau von Kies oder Sand. Hinter Schulenburg erwarteten uns gleich zwei Highlights: ein Mountainbike-Trail der Kategorie I auf unserem Radweg und das wunderschöne Schloss Marienburg, welches erhaben über dem Leinetal thront. Auf der Straße nach Nordstemmen bietet sich noch einmal ein wunderbarer Blick auf das Schloss, man muss sich nur umdrehen. Nach dem Einkauf waren es noch schlappe 4 km bis zur kleinen Pension.
Über Stock und Stein
Tag 35: Nordstemmen - Göttingen, 102 km
Auf dem Weg vom Landgasthof zurück zur Leine hatten wir noch einmal einen schönen Blick zum Schloss Marienburg, leider in morgendlichem Dunst ohne Sonne - keine Chance auf ein gutes Foto. Den Radweg neben der stark befahrenen Bundesstraße konnten wir in Elze verlassen. Rechts und links des Leinetals erhoben sich die ersten Berge. Wir hatten schon fast vergessen, wie so etwas aussieht, die letzten hatten wir wohl an der Maas gesehen. Durch kleine verschlafene Dörfer und Städte radelten wir bis zur ersten Pause in der schönen Fußgängerzone von Alfeld. Die Qualität der Wege entlang der Leine blieb sehr durchwachsen, wurde ab Freden dann deutlich besser. Abgesehen davon, dass wir jetzt häufiger am immer schmaler werdenden Fluss radelten, wirkte das Tal der Leine landschaftlich schöner. Die Berge des Weser-Leine-Berglandes tragen oft charakteristische halbrunde Kappen. Die Fahrt durch das sich meist weit öffnende Flusstal hat Spaß gemacht. In kurzer Folge donnerten lange Güterzüge am Radweg vorbei, danach nahmen wir die Stille umso intensiver wahr. Mittagspause nach 65 km im Einbeck mit seiner wunderschönen Altstadt aus Fachwerkbauten. Nach endlos erscheinenden Kilometern an einer stark befahrenen Bundesstraße wurde es ab Nörten-Hardenberg wieder ruhiger. Zwischenzeitlich war die Sonne heraus gekommen und erinnerte uns daran, dass Radfahren auch eine schweißtreibende Geschichte sein kann. Die Landschaft des Leinetals wirkte mit blauem Himmel natürlich auch gleich noch viel schöner. In Bovenden gönnten wir uns nach 101 km leckere Milchshakes. Die den letzten 10 km bis Göttingen waren so ein Klacks und mit 18:15 Uhr erreichten wir unser Hotel später als erwartet.
Auf ins Weser-Leine-Bergland
Tag 36: Göttingen - Mühlhausen, 82 km
Klasse Frühstück auf Minitischen - wir sind trotzdem satt geworden. Der Regenradar kündigte Regen an und 4 km nach dem Start hieß es dann zum 2. Mal in 5 Wochen: Regensachen anziehen. Nach wenigen Kilometern sind wir von innen nasser gewesen als von aussen, also raus aus den Regenklamotten. Dabei blieb es dann für den Rest der Strecke. Diese führte uns durch die schöne Landschaft des Eichsfeldes, die allmählich bergiger wurde. Der Regen der vergangenen Nacht ließ von den teils schon abgeernteten Feldern Dunstschwaden aufsteigen. Bei Arenshausen querten wir die ehemalige innerdeutsche Grenze. Der Leineradweg im Eichsfeldkreis ist absolut vorbildlich ausgebaut: asphaltiert, breit und oft am Fluss entlang geführt. Erste Pause in der verschlafenen Fußgängerzone von Heiligenstadt. Die Altstadt gefällt mit vielen Fachwerkhäusern und engen Gassen. Überragt wird die Stadt von der Kirche St. Marien, an deren Fuß ein schöner Barockgarten liegt. Durch die schmucken Dörfer des Eichsfeldes näherten wir uns Leinefelde und die Steigungen wurden häufiger. In Beuren, wenige Kilometer vor der Leinequelle war der Leine-Heide-Radweg für uns zu Ende, wir sind zum Unstrutradweg nach Dingelstädt abgebogen. Auf dieser Verbindung fehlt ab Kallmerode bis heute ein Radweg. Alles, was man in den letzten Jahren zustande gebracht hat, ist ein holpriger Pfad aus Schotter, der in einen unfahrbaren Waldweg übergeht. Nach der Mittagspause in Dingelstädt (endlich wieder einmal Schnitzel) radelten wir auf dem Unstrutradweg nach Mühlhausen. Der Radweg lässt sich gut fahren, verläuft teilweise auf kleinen Landstraßen, leider wenig am Fluss und manchmal mit suboptimaler Wegführung. Vor Mühlhausen kündigten dunkle Wolken Regen an, leicht durchnässt erreichten wir die schöne Altstadt Mühlhausens.
Durch die Berge des Eichsfeldes
Tag 37: Mühlhausen - Bad Berka, 98 km
Das Hotel in Mühlhausen war eines der besten der gesamten Tour, das galt auch für das Frühstück. Anschließend sind wir noch durch die sehr sehenswerte Innenstadt getütelt, das hat sich schon allein wegen der eindrucksvollen Kirchen gelohnt. Dem Unstrutradweg folgend passierten wir Bad Langensalza und Dörfer, die am Sonntagmorgen noch verschlafener wirkten. Entlang des schmalen Flüsschens, der vorbei an riesigen, teils schon abgeernteten Feldern fließt, erreichten wir Nägelstedt. Das Unstruttal von dort bis Großvargula ist ein Naturschutzgebiet und wirklich wunderschön und sehr ruhig. Hügelig und fern der Unstrut radelten wir bis Gebesee, wo die Gera in die Unstrut mündet. In Elxleben gabs Pasta zum Mittag und gerade mal 39 km lagen von über 3.000 noch vor uns - Kleinigkeit ;-) Nach einer Kugel Eis im Zentrum von Erfurt waren noch 28 km übrig, leider auch 250 Höhenmeter. Die Strecke bis in unsere Heimatstadt Bad Berka fanden unsere Räder im Prinzip von allein, so oft wie wir diesen Weg schon gefahren sind.
Durch die Berge des Eichsfeldes
© Michael Herm
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Radreise durch Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande
3.050 km in 37 Tagen: Radreise von Deutschland ins Elsaß, entlang der Maas durch Frankreich, Belgien und die Niederlande und zurück nach Deutschland im Sommer 2022, Teil 3
faszination-radfahren.de
Tag 31: Groningen - Barßel, 101 km
Das Frühstück gab es heute auf dem einzigen Stuhl des Zimmers, wer Budget bucht, bekommt eben auch Budget. Groningen zu verlassen war genauso entspannt wie hinein zu fahren. Was dann folgte, war eher langweilig: 15 km fast immer gerade aus folgten wir dem Kanal Slochterdiep. Der Wind meinte es gut mit uns und so kamen wir sehr gut voran. Bei der ersten Pause im Städtchen Scheemda lag so bereits 1/3 der Strecke hinter uns. Durch lange Alleen und kleine Dörfer näherten wir uns der deutschen Grenze bei Bad Nieuweschanz. Spätestens auf dem Radweg nach Bunde wussten wir, Deutschland hat uns nach 3 Wochen wieder. Denn so schlechte Fahrradinfrastruktur, das konnten schon nicht mehr die Niederlande sein. Zur Mittagspause in Weener gabs Pasta. Die hatten wir uns schon redlich verdient, mit 66 km hatten wir schon 2/3 geschafft. Weiter gings mit der Personenfähre über die Ems. Die Friesenbrücke bei Weener wurde vor 7 Jahren von einem Schiff zerstört. Seitdem gibt es diese kleine Fähre, gesponsert von der Meyerwerft. Auf der anderen Seite des Flusses gings im Prinzip ähnlich weiter. Auf kleinen Landstraßen, mal mit mal ohne Radweg spulten wir Kilometer für Kilometer ab. Ein Stück unserer Etappe legten wir dabei auf der Deutschen Fehnroute zurück und überquerten den Elisabeth-Fehn-Kanal. Häufig wichen wir auf die Straße aus, denn teilweise verdienten die Radwege ihren Namen nicht. Ganz im Gegenteil zu den letzten 10 km bis zum Ziel: auf dem klasse Radweg erreichten wir durch schöne Alleen im Eilzugtempo die Kleinstadt Barßel.
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Tag 31: Groningen - Barßel, 101 km
Niederlande: unser Fazit
Wir sind von Süden nach Norden durch 6 Provinzen der Niederlande geradelt. Die Strecke entlang der Maas war so typisch Niederlande: neben dem Fluss gibt es viele Kanäle, unzählige Schleusen und Brücken. Die Dörfer, durch die wir kamen, waren sehr gepflegt und dann ist da natürlich noch die gute Radweg-Infrastruktur, die ihres Gleichen sucht. Allerdings war unser Eindruck, dass die Oberflächenqualität seit unserer letzten Tour durch die Niederlande in 2018 nachgelassen hat. Viele (Innen)Städte fanden wir einfach nur schön, z.B Maastricht, Delft, Haarlem oder Harlingen. Auch Rotterdam mit seiner modernen Architektur fanden wir sehr beeindruckend. Die großen Städte umgibt meist ein Gürtel aus Industriegebieten und oft weniger attraktiven Vorstädten, durch die der Radreisende durch muss. Landschaftlich hat uns die Strecke entlang der Nordseeküste besonders gefallen. Ob die wunderschöne Dünenlandschaft bei Den Haag oder das Wattenmeer nördlich von Den Helder, schwer zu sagen. Noch ein paar Worte zum Thema Radfahren in den Niederlanden: Durch die gute Infrastruktur macht Radeln hier (meistens) Spaß. Nervig sind: rücksichtslose Rollerfahrer auf dem Radweg, mit geringem Abstand überholende Autofahrer und leider auch Radfahrer(!)
Tag 32: Barßel - Bremen, 100 km
Das Timing am Morgen war super. Es regnete kräftig und nach dem Frühstück war der Spuk vorbei und wir konnten im Trocknen starten. Das der Tag nicht extrem spannend werden würde, war klar. Immerhin sind wir die Strecke über Oldenburg bis Bremen erst im vergangenen Sommer gefahren. Diesmal haben wir eine andere Route gewählt, die uns bis Berne am Fluss Hunte entlang führte. In Bad Zwischenahn kurzer Stopp an der gefakten Rügenwalder Mühle und kurz danach eine etwas längere Zwangspause, denn es regnete. In Oldenburg angekommen, startete die Aktion "Ballast abwerfen": Um auf dem Rad unser Zuhause in Thüringen zu erreichen, wollten wir in der letzten Woche jeden Tag ca. 100 km fahren. Da klar war, dass wir an den wenigsten Zielorten Campingplätze finden würden, übernachten wir nur noch im Hotel. Daher haben wir im Baumarkt einen Umzugskarton und Paketklebeband besorgt und die komplette Campingausrüstung (18 kg) eingepackt und nach Hause geschickt. Von Oldenburg radelten wir mit kräftigem Rückenwind weiter entlang der Hunte. Mit kleinen Seen und Nebenarmen war dieser Abschnitt landschaftlich sehr schön und fast immer verkehrsfrei. Bei Elsfleht stießen wir auf die Weser, die uns bis Verden begleiten würde. Auch auf dem Weserradweg blies ein kräftiger Rückenwind und Steffi wollte mir mal ihre Tempohärte demonstrieren ;-) So sind wir schon mal mit bis zu 40 km/h über den Asphalt gebrettert. In Bremen angekommen waren natürlich die obligatorischen Fotos am Markt fällig. Nach 100 zügig gefahrenen Kilometern hatten wir uns eine Kaffeepause so was von verdient. Dann gabs sogar noch etwas Kulturprogramm: Ein Cello-Quintett spielte in der Fußgängerzone Musik, bei der man einfach stehen bleiben musste. Nach dem Einkauf noch den einen Kilometer bis zum Hotel geradelt und dabei hätte mich beinahe ein Kampfradler vom Rad geschossen. Der Rest: Einchecken und Chillen.
Die vier Bremer Stadtmusikanten
Tag 33: Bremen - Schwarmstedt, 99 km
Nach dem sehr guten Frühstück im Hotel sind wir im morgendlichen Berufsverkehr den kurzen Weg zurück zur Weser geradelt. Lange Zeit gings direkt am Fluss entlang. Das Licht am Morgen ist immer wieder faszinierend und es zaubert selbst aus eigentlich wenig attraktiven Motiven klasse Motive. Der Wind trieb uns kräftig voran und so fraßen wir die Kilometer an der Weser oder Kanälen nur so. 10:45 Uhr erreichten wir Verden und hatten schon 47 km geschafft. Nach der Pause beim Bäcker war ab der Pferdestadt die Aller unser Begleiter. Vom Nebenfluss der Weser sahen wir anfangs so gut wie nichts, denn der Allerradweg verläuft an kleine Landstraßen mehr oder weniger parallel zum Fluss. Die Landschaft ist geprägt von intensiver Landwirtschaft und so strampelten wir ohne wirklich Sehenswertes voran. Ein paar Kilometer vor Rethem sorgte der Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse für etwas Abwechslung. Mittagspause in Rethem, Burger für mich und Steffi bekam ihr Schnitzel, auf das sie sich schon seit Frankreich gefreut hat. :-) Hinter Rethem bekamen wir dann die Aller zu sehen, in engen Schleifen mäanderte der Fluss durch Felder und Wiesen. Die Sonne und der blaue Himmel kreierten tolle Momente. Noch einmal ein paar Kilometer auf der ehemaligen Bahntrasse und entlang schöner Alleen brachten uns schon kurz nach 15 Uhr ans Ziel in Schwarmstedt.
Der Rückenwind - unser bester Freund
Tag 34: Schwarmstedt - Nordstemmen, 112 km
Schon 07:45 Uhr saßen wir auf den Rädern. Kurz hinter Grindau nahm das Drama seinen Lauf. Zuerst hieß es, einen Trampelpfad mit Sand und Schotter zu bewältigen. Wenig später war der Wirtschaftsweg bei Niedernstöcken mit einer Schicht losem Schotter bedeckt - fast unfahrbar. Und das war die offizielle Wegführung des Leineradwegs! Wir sind danach häufiger auf die Straße ausgewichen, war auch egal, da kaum noch Radwege vorhanden waren. Und das sollte zusammengefasst das Motto des Tages werden: nimm einen x-beliebigen Weg, stelle ein Schild auf und erkläre ihn damit zum Radweg. Den Abstecher nach Neustadt am Rübenberge (was für ein Name!) hätten wir uns sparen können, denn wirklich Sehenswertes konnten wir nicht entdecken. Für eine Kaffeepause hat es trotzdem gereicht. Neben teils stark befahrenen Straßen näherten wir uns Hannover und unterquerten den Mittellandkanal. Die Leine bekamen wir nur selten zu Gesicht und wenn, dann nur für Sekunden. Die Fahrt ins Zentrum der Landeshauptstadt von Niedersachsen hat Spaß gemacht. Durch Parks und Grünanlagen gings ganz entspannt bis in die Stadtmitte. Zum Mittag zur Abwechslung mal Pizza, ich hatte eine Diabolo und danach 2 Stunden Durst ohne Ende. In Hannover war natürlich der Maschsee und das Neue Rathaus ein Muss, denn wo findet man schon ein Rathaus, das wie ein Schloss aussieht? Als der schöne große Maschsee hinter uns lag, hatten wir den Eindruck, auf einem komplett anderen Leine-Heide-Radweg unterwegs zu sein. Zwischen kleinen Tümpeln, Wasserläufen, Wald und der Leine schlängelte sich der schmale Pfad, mehr Trampelpfad als Radweg. Später radelten wir durch eine kleine Seenplatte, die Koldinger Teiche, entstanden durch den Abbau von Kies oder Sand. Hinter Schulenburg erwarteten uns gleich zwei Highlights: ein Mountainbike-Trail der Kategorie I auf unserem Radweg und das wunderschöne Schloss Marienburg, welches erhaben über dem Leinetal thront. Auf der Straße nach Nordstemmen bietet sich noch einmal ein wunderbarer Blick auf das Schloss, man muss sich nur umdrehen. Nach dem Einkauf waren es noch schlappe 4 km bis zur kleinen Pension.
Über Stock und Stein
Tag 35: Nordstemmen - Göttingen, 102 km
Auf dem Weg vom Landgasthof zurück zur Leine hatten wir noch einmal einen schönen Blick zum Schloss Marienburg, leider in morgendlichem Dunst ohne Sonne - keine Chance auf ein gutes Foto. Den Radweg neben der stark befahrenen Bundesstraße konnten wir in Elze verlassen. Rechts und links des Leinetals erhoben sich die ersten Berge. Wir hatten schon fast vergessen, wie so etwas aussieht, die letzten hatten wir wohl an der Maas gesehen. Durch kleine verschlafene Dörfer und Städte radelten wir bis zur ersten Pause in der schönen Fußgängerzone von Alfeld. Die Qualität der Wege entlang der Leine blieb sehr durchwachsen, wurde ab Freden dann deutlich besser. Abgesehen davon, dass wir jetzt häufiger am immer schmaler werdenden Fluss radelten, wirkte das Tal der Leine landschaftlich schöner. Die Berge des Weser-Leine-Berglandes tragen oft charakteristische halbrunde Kappen. Die Fahrt durch das sich meist weit öffnende Flusstal hat Spaß gemacht. In kurzer Folge donnerten lange Güterzüge am Radweg vorbei, danach nahmen wir die Stille umso intensiver wahr. Mittagspause nach 65 km im Einbeck mit seiner wunderschönen Altstadt aus Fachwerkbauten. Nach endlos erscheinenden Kilometern an einer stark befahrenen Bundesstraße wurde es ab Nörten-Hardenberg wieder ruhiger. Zwischenzeitlich war die Sonne heraus gekommen und erinnerte uns daran, dass Radfahren auch eine schweißtreibende Geschichte sein kann. Die Landschaft des Leinetals wirkte mit blauem Himmel natürlich auch gleich noch viel schöner. In Bovenden gönnten wir uns nach 101 km leckere Milchshakes. Die den letzten 10 km bis Göttingen waren so ein Klacks und mit 18:15 Uhr erreichten wir unser Hotel später als erwartet.
Auf ins Weser-Leine-Bergland
Tag 36: Göttingen - Mühlhausen, 82 km
Klasse Frühstück auf Minitischen - wir sind trotzdem satt geworden. Der Regenradar kündigte Regen an und 4 km nach dem Start hieß es dann zum 2. Mal in 5 Wochen: Regensachen anziehen. Nach wenigen Kilometern sind wir von innen nasser gewesen als von aussen, also raus aus den Regenklamotten. Dabei blieb es dann für den Rest der Strecke. Diese führte uns durch die schöne Landschaft des Eichsfeldes, die allmählich bergiger wurde. Der Regen der vergangenen Nacht ließ von den teils schon abgeernteten Feldern Dunstschwaden aufsteigen. Bei Arenshausen querten wir die ehemalige innerdeutsche Grenze. Der Leineradweg im Eichsfeldkreis ist absolut vorbildlich ausgebaut: asphaltiert, breit und oft am Fluss entlang geführt. Erste Pause in der verschlafenen Fußgängerzone von Heiligenstadt. Die Altstadt gefällt mit vielen Fachwerkhäusern und engen Gassen. Überragt wird die Stadt von der Kirche St. Marien, an deren Fuß ein schöner Barockgarten liegt. Durch die schmucken Dörfer des Eichsfeldes näherten wir uns Leinefelde und die Steigungen wurden häufiger. In Beuren, wenige Kilometer vor der Leinequelle war der Leine-Heide-Radweg für uns zu Ende, wir sind zum Unstrutradweg nach Dingelstädt abgebogen. Auf dieser Verbindung fehlt ab Kallmerode bis heute ein Radweg. Alles, was man in den letzten Jahren zustande gebracht hat, ist ein holpriger Pfad aus Schotter, der in einen unfahrbaren Waldweg übergeht. Nach der Mittagspause in Dingelstädt (endlich wieder einmal Schnitzel) radelten wir auf dem Unstrutradweg nach Mühlhausen. Der Radweg lässt sich gut fahren, verläuft teilweise auf kleinen Landstraßen, leider wenig am Fluss und manchmal mit suboptimaler Wegführung. Vor Mühlhausen kündigten dunkle Wolken Regen an, leicht durchnässt erreichten wir die schöne Altstadt Mühlhausens.
Durch die Berge des Eichsfeldes
Tag 37: Mühlhausen - Bad Berka, 98 km
Das Hotel in Mühlhausen war eines der besten der gesamten Tour, das galt auch für das Frühstück. Anschließend sind wir noch durch die sehr sehenswerte Innenstadt getütelt, das hat sich schon allein wegen der eindrucksvollen Kirchen gelohnt. Dem Unstrutradweg folgend passierten wir Bad Langensalza und Dörfer, die am Sonntagmorgen noch verschlafener wirkten. Entlang des schmalen Flüsschens, der vorbei an riesigen, teils schon abgeernteten Feldern fließt, erreichten wir Nägelstedt. Das Unstruttal von dort bis Großvargula ist ein Naturschutzgebiet und wirklich wunderschön und sehr ruhig. Hügelig und fern der Unstrut radelten wir bis Gebesee, wo die Gera in die Unstrut mündet. In Elxleben gabs Pasta zum Mittag und gerade mal 39 km lagen von über 3.000 noch vor uns - Kleinigkeit ;-) Nach einer Kugel Eis im Zentrum von Erfurt waren noch 28 km übrig, leider auch 250 Höhenmeter. Die Strecke bis in unsere Heimatstadt Bad Berka fanden unsere Räder im Prinzip von allein, so oft wie wir diesen Weg schon gefahren sind.
Durch die Berge des Eichsfeldes
zurück zum 2. Teil zurück zum 2. Teil zurück zum 2. Teil zurück zum 2. Teil
© Michael Herm