Richtig gut geschlafen im kleinen Ort Nierstein ging's nach einem guten Frühstück auf nach Mainz. Die ersten Kilometer führten durch Weinberge mit einem tollen Blick auf das Rheintal. Die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz erreichten wir durch ein Gewerbegebiet - was sonst. Das letzte Stück vor der Innenstadt radelten wir direkt am Rhein. In Mainz haben wir uns den wunder-schönen Dom angesehen und dann die Gelegenheit genutzt und ein Paket mit überflüssigen Klamotten und Ausrüstung nach Hause geschickt. Ab morgen wird sich unser Durchschnitt dann bestimmt um 2 km/h erhöhen. Mainz verließen wir - natürlich - durch ein riesiges Gewerbegebiet. Aber irgendwann war die Stadt dann endlich hinter uns und mit Rückenwind machten wir „Jagd“ auf E-Bike-Fahrer ;-) Mittagspause mit Blick auf den Rhein in Heidenfahrt, zur Abwechslung gab's mal Schnitzel. Und weiter ging's direkt am Fluss. In Münster-Sarsheim kurzer Stopp, um im Brunnen die Füße einzutauchen, man war das heute wieder heiß. Ab Bingen wurde es dann richtig schön: das mittlere Rheintal zeigt sich hier von seiner besten Seite: von hohen Felsen umgeben schlängelt sich der Rhein in großen Schleifen durch das Tal. Wunderschöne Burgen thronen auf beiden Seiten über dem Fluß. Im schicken Ortskern von Bacharach Pause mit Eis, Einkaufen und mit dananch sind wir mit der Fähre nach Kaub zu unserer Unterkunft übergesetzt.
Der Lärm der vielen Züge im Rheintal hat uns in dieser Nacht einige Male geweckt. Die Anwohner können einem wirklich leid tun. Am Morgen ging's zuerst wieder mit der Fähre auf die andere Flussseite. Der Radweg sollte heute bis Koblenz immer direkt an der B9 verlaufen. Das war aber kein Problem, denn es herrschte nur wenig Verkehr. Die Strecke war dafür ebenso spektakulär wie am Vortag: der Rhein zog sich in riesigen Schleifen zwischen hohen Felsen und immer wieder tauchten Burgen oder Burgruinen vor uns und auf. Nach der kurzen Kaffeepause in Boppard trieb uns der Rückenwind konsequent voran. Gegen 12 Uhr erreichten wir Koblenz. In einem Biergarten im Grünen stärkten wir uns mit Currywurst und Pommes. Bis zum Deutschen Eck sind wir heute nicht gefahren, dort sind wir mindestens schon 4 mal gewesen und mittlerweile war die Temperatur auf 32 °C geklettert - wir hatten wenig Lust auf Sightseeing. An der Mündung der Lahn sind wir abgebogen, um dem Fluss in den nächsten Tagen zu folgen. Der Radweg bis Bad Ems verläuft direkt an der Lahn, landschaftlich wunderschön, der Weg selbst ist leider oft in einem sehr schlechten Zustand, permanent wird man durch Unebenheiten aus dem Sattel katapultiert. In der mondän anmutenden Kurstadt Bad Ems kühlten wir uns mit leckeren Milchshakes ab. Die restlichen 9 km bis Nassau wurden in Anbetracht der Hitze doch etwas zäh.
Gleich am Start hieß es: Umleitung. Also sind wir der Beschilderung gefolgt. Nach einigen Hundert Metern bergauf warf ich einen Blick aufs Navi und mir schwante Böses. Da das Tal der Lahn hier sehr schmal ist, lief der Spaß auf eine großräumige Umleitung hinaus: 6 km nur bergauf mit anfangs 8 - 10 % Steigung, später 5 - 6 %. Das hat sich ein bisschen nach Alpenpass angefühlt. Cool war natürlich die kilometerlange rasante Abfahrt zurück ins Lahntal. Immer direkt am Fluss (und das meine ich wörtlich, ein Fahrfehler hätte ein Bad im Fluss bedeutet) radelten wir anschließend durch das wunderschöne Lahntal bis Limburg. In Dietz thront das schöne Schloss hoch über der Kleinstadt. In Limburg angekommen, waren wir nach der Stille im Lahntal im ersten Moment vom Trubel der vielen Touristen überrascht. Nach leckerer Pasta sind wir durch die wunderschöne historische, von Fachwerk geprägte, Altstadt gelaufen. Natürlich haben wir den Dom besucht, leider war der Altar eingerüstet. Zurück am Fluss radelten wir wie schon am Vormittag in absoluter Ruhe durch die schöne Landschaft an der Lahn. Zum Glück hatten wir häufig schattige Abschnitte, denn auch heute stand bei der Temperaturanzeige immer eine 3 ganz vorn. 11 km vor Weilheim dann noch eine letzte Pause in Fürfurt. Gegen Vier kamen wir ziemlich k.o. in Weilburg an. Dieser Tag war von der Belastung her der härteste, hohe Temperaturen und unerwartet viele Höhenmeter.
In der Nacht hatte es sich endlich abgekühlt und wir konnten sehr gut schlafen. Von Weilburg starteten wir für wenige Kilometer direkt an der Lahn. Ab Löhnberg führt die Radroute mehr oder weniger parallel zur B49 bis Wetzlar. Diese ist sehr stark befahren, der Abschnitt ist also nicht der Schönste am Lahntadweg. Wirklich schön ist dagegen die Altstadt von Wetzlar. Sehr viele alte Fachwerkbauten dominieren das Zentrum. Im Dom sind wir auch gewesen. Dieser ist eher klein und schlicht, vielleicht hatte der Bischof ja damals einfach nicht genug Geld? Hinter Wetzlar wurde die Strecke ruhiger und der Radweg begleitete die mäandernde Lahn im mittlerweile sehr breiten Tal. Gießens Innenstadt ist das genaue Gegenteil von Wetzlar: die meisten Häuser sind eher nicht alt und schön. Also nur Mittagspause beim Asiaten. Auf dem Weg nach Norden haben wir am Holz- u. Technikmuseum Wettenberg halt gemacht. Vom Konzept her eher etwas für Schulklassen, na ja... Kurz vor Staufenberg war einer der seltenen Anstiege am Lahnradweg zu bewältigen. Nach dem Einkauf mussten wir dann noch einmal alles geben. Unser Hotel lag neben der Burg Staufenberg, der Weg nach oben war mit teilweise mehr als 10 % Steigung echt hart.
Die Nacht in der Pension neben der Burg war schön ruhig. Die ersten 25 km am Morgen bis Marburg radelten wir im Zickzack-Kurs im breiten Tal der Lahn. Nach wenigen Kilometern entdeckten wir auf einem Bauernhof eine Herde Kamele, verrückt! Schon weit vor Marburg erkennt man das Landgrafenschloss hoch über dem Lahntal. In Marburg sind wir mit dem Fahrstuhl(!) in die Oberstadt gefahren - wie cool. Dort trifft man auf eine schicke historische Altstadt mit einem schönen Rathaus. Nach der Kaffeepause folgten wir noch einige Kilometer der Lahn und bogen dann an der Mündung der Ohm nach Osten in Richtung Kirchhain ab. Die Landschaft wurde hügliger und links und rechts tauchten immer wieder Berge auf. In Stadtallendorf gab es nach fast 60 km endlich die verdiente Mittagspause. All you can eat beim Chinesen - und der Energiespeicher war wieder aufgefüllt. Ab jetzt wurde es richtig bergig, nach den vielen Tagen an Donau, Rhein und Lahn eher ungewohnt (spezielle Umleitungen ausgenommen). In Neustadt kurze Verschnaufpause in der kleinen historischen Altstadt. Auf dem Weg nach Schwalmstadt endete die Route auf dem Navi vor einem Zaun an einer neu gebauten Bundesstraße. Über die Baustellenstraße fanden wir dann zum Glück das andere "Ende" des Radweges. Offensichtlich war das Kartenmaterial hier nicht mehr ganz aktuell. In Schwalmstadt bogen wir auf den Rotkäppchen-Radweg ein, der uns auch morgen den ganzen Tag begleiten sollte. Gegen Vier erreichten wir unser Tagesziel Ziegenhain.
Nach dem Start am Morgen radelten wir zurück zum Rotkäppchen-Radweg. Dieser ist ein sogenannter Bahntrassenradweg und für die ersten 23 km sollte es ausschließlich bergauf gehen. Auch wenn die Steigung stets zwischen 1 - 3 % lag, war gerade der letzte Abschnitt bis zum höchsten Punkt wirklich anstrengend. Oben angekommen fanden wir einen Rastplatz mit super Aussicht auf die bergige Landschaft. Bei absoluter Stille konnten wir die Pause so richtig genießen. Und natürlich ging es auf der anderen Seite auch wieder lange bergab, sodass wir sehr entspannt bis nach Kirchheim rollen konnten. In Niederaula erreichten wir die Fulda und sind auf dem gut ausgebauten Radweg im schönen Tal der Fulda bis Bad Hersfeld gefahren. Hier gab's nach 60 km Pasta zur Mittagspause. Nach einem kurzen Bummel durch die nette, aber sehr volle Innenstadt nahmen wir die letzten 20 km in Angriff. Hinter Bad Hersfeld verließen wir den Fuldaradweg in Richtung Osten. Der Weg, den wir gewählt hatten, erwies sich wieder als Bahntrassenradweg, und Teil des Hessischen Bahnradweges. Das hieß für uns: 18 km bergauf radeln bis zum Ziel in Schenklensfeld. Immerhin verliert man auf einen solchen Weg zwischendurch keine Höhenmeter, da es stetig bergauf geht.
In der Nacht waren kräftige Gewitter über den Ort gezogen. Am Morgen schien zwar keine Sonne, aber es war auch kein Regen in Sicht. Die ersten Kilometer gingen natürlich erstmal bergauf, dafür folgte anschließend eine lange rasante Abfahrt ins Werratal. In Helmboldshausen stießen wir auf den Werraradweg, dem wir flußabwärts folgen wollten. Es dauerte nicht lange und der erste Kaliberg tauchte vor uns auf. Vor Heringen hatten wir einen klasse Blick auf den größten dieser Abraumhalden in der Kaliregion. Die Streckenführung des Werraradweges ist unserer Ansicht nach nicht immer optimal. So wird man in Heringen wegen 500 m von der Straße hinunter zur Werra geschickt und dann gleich wieder zurück. Oder der Radfahrer wird in Dankmarshausen auf einer Kopfsteinpflasterstraße bergauf geschickt, obwohl es im Dorf parallel eine asphaltierte Alternative gäbe. Oft führt die Strecke auf Straßen oder auch mal auf völlig kaputten Feldwegen. Schade eigentlich, den das Werratal ist landschaftlich sehr schön. Mittagspause in Hörschel, in der ersten offenen Gaststätte seit Gerstungen. Und wir wussten genau, wir sind wieder in Thüringen: es gab Thüringer Klöße und Vita Cola. Weiter ging's nach Creuzburg, die gleichnamige Burg hoch über dem Ort erkennt man schon von weitem. Hinter Creuzburg zeigte sich wieder, wie schlecht der Werraradweg abschnittsweise ist: er besteht aus einer holprigen Schotterpiste und das obwohl parallel eine ruhige Landstraße verläuft. Hinter Mihla radelten wir dann auf einem schönen Radweg in Flussnähe. 15 Uhr kamen wir in der Probstei Zella an, abseits jeglicher Hektik liegt der Gasthof inmitten der Natur.
In der Einsamkeit der Probstei Zella haben wir richtig gut geschlafen. Das erste Stück ließ sich wunderbar fahren. Im engen Tal der Werra radelten wir sehr entspannt bis Treffurt. Kurzer Fotostopp am wunderschönen Fachwerkrathaus und wenig später verließen wir in Heldra den Werraradweg. Ab zweigt der Unstrut-Werra-Radweg noch Norden ab. Eigentlich ist dieser Radweg wieder ein Bahntrassen-radweg, die ersten Kilometer merkt man davon leider überhaupt nichts. Auf einem schlechten Forstweg geht es kräftig bergauf. Nach wenigen Hundert Metern kreuzte die Strecke den ehemaligen Kolonnenweg der DDR -Grenztruppen. Das war einer der seltenen Momente, bei denen uns die ehemalige innerdeutsche Grenze bewusst wurde. Erst ab Wendehausen ist der Radweg ordentlich hergerichtet und lässt sich sehr gut fahren. Nach ca. 15 km bergauf ging es ab Heyerode ungefähr genauso lange bergab bis Mühlhausen. Die schöne Altstadt mit den beiden großen Kirchen gefällt uns jedes Mal, wenn die Stadt auf unserer Route liegt. Nach der Mittagspause beim Asiaten ging es zurück auf den Unstrut-Werra-Radweg, der ab Mühlhausen sehr gut ausgebaut ist. Mit einer stetigen Steigung von 1 - 2 % radelten wir über Schlotheim in Richtung Sondershausen. Bei Rockensußra führt der Radweg direkt an Europas größter Panzerverschrottungsanlage vorbei. Unzählige Schützenpanzer Marder standen dort in Reih und Glied. Wenig später erreichten wir die verschlafene Kleinstadt Ebeleben, unser Etappenziel für heute.
durch Hessen nach Osten
Zurück zum Unstrut-Werra-Radweg mussten wir feststellen, dass der Radweg nicht mehr auf einer Bahntrasse verläuft, denn diese war hier noch in Betrieb. Also wurde es hügeliger, der Radweg selbst blieb super ausgebaut. Vor Oberspier bot sich ein toller Ausblick auf die Landschaft in Richtung Süden. Kurz vor Sondershausen beginnt eine längere Abfahrt bis in die Kreisstadt. Im verschlafenen Zentrum haben wir uns das imposante Schloss angesehen, mehr Sehenswertes konnten wir nicht entdecken. Weiter ging's ab jetzt wieder auf der ehemaligen Bahntrasse, das blieb mit Unterbrechungen bis Bad Frankenhausen so. Die Strecke hat sich super fahren lassen, war verkehrsfrei, absolut ruhig und führte durch eine wunderschöne Landschaft. Wenige Kilometer vor Bad Frankenhausen tauchte der Kyffhäuser mit seinem Fernsehturm auf. Und hoch auf dem Berg über der Stadt thront das runde Gebäude des Panoramamuseums - im Volksmund Elefantenklo genannt.Sehenswert in der verschlafenen Kleinstadt ist der extrem schief stehende Kirchturm. Nach leckere Pasta zum Mittag erwartete uns auf dem Weg nach Artern ein wunderbares Stück Radweg: der Weg folgte einem schmalen, gewundenen Bach. Von Schilf gesäumt folgte Kurve auf Kurve, auf kleine, flachen Wasserflächen waren Enten und Reiher zu sehen. In Artern angekommen, lagen noch einige Höhenmeter bis zum Hotel vor uns. Unser Hotelzimmer war heute richtig klasse: wir hatten einen großen Balkon mit einem fantastischen Blick zum Kyffhäuser.
Nach einem ausgiebigen Frühstück starteten wir zeitgleich mit anderen Reiseradlern zurück zum Unstrutradweg. Das Unstruttal ist hier sehr breit und der schmale Fluss wirkt fast etwas verloren. Der Radweg selbst ist zwar durchgehend asphaltiert, aber anfangs schon sehr wellig und zu schmal. Bei Wendelstein lagen ausnahmsweise mal ein paar Höhenmeter zur gleichnamigen Burg vor uns. Die Burg selbst kann man nur von unten betrachten. Hinter Memleben, wo man eine ehemalige Kaiserpfalz besuchen könnte, die erste Pause unter einer wunderschönen alten Eiche. Von dieser Stelle hatten wir ein guten Blick auf hohe Felswände entlang einer Flussbiegung, deren Gestein rötlich schimmert. Wie fast immer an diesem Tag ging es in Flussnähe weiter in Richtung Freyburg. Bei Karsdorf unterquerten wir die riesige ICE-Brücke, die hier das gesamte Unstruttal überspannt. Bei Burgscheidungen tauchten an den Hängen entlang des Flusses die ersten Weinberge auf. In Laucha gab es in der einzigen Einkehrmöglichkeit nach 50 km (!) Pasta beim Döner. Nach der Kleinstadt tauchten auf unserer Flussseite wunderschön angelegte Weinterrassen auf. Bis Freyburg war es dann nicht mehr weit. Wir sind in die Altstadt abgebogen, um uns den Dom anzuschauen. Das funktionierte leider nur von außen, den die Kirche hatte geschlossen. Durch den Blütengrund radelnd erreichten wir die Mündung der Unstrut in die Saale. An selbiger ging es für uns heute bis Bad Kösen weiter. Nach knapp 30 °C freuten wir uns vor allem auf eine Dusche.
Der letzte Tag! Auf dem Saaleradweg radelten wir am Morgen an den Burgen Saaleck und Rudelsburg, die hoch über dem Tal thronen, zur Mündung der Ilm in Großheringen. Hier verließen wir schon weider den Saaleradweg und folgten ab jetzt dem Flüsschen Ilm. Auf unterschiedlich gut ausgebauter, hügliger Strecke radelt man auf kaum merklich bergauf. Zwischen Zottelstedt und Niederroßla wartet der einzige giftige Anstieg (45 Hm auf 1,2 km). Ab Oßmannstedt wird die Strecke richtig schön, in sanften Schwüngen begleitet der Radweg die Ilm bis Kromsdorf. Ab hier durchquert man den herrlichen Schlosspark Tiefurt (auf Spaziergänger aufpassen!) Zu Weimar muss ich sicher nicht mehr sagen als: Klassikerstadt. Wir interessierten uns mehr für die Gaumenfreuden. Nach der Einkehr beim Italiener nahmen wir die letzten 23 km bis nach Bad Berka in Angriff. Bis Mellingen ist die Strecke wunderbar eben, danach wird es schon etwas bergig. Nach insgesamt etwas mehr als 2.000 km kamen wir wieder in unserer Heimatstadt Bad Berka an..
Auch diese Radreise war wieder wirklich schön. Die Landschaft war sehr abwechslungsreich. Die Highlights für uns sind auf jeden Fall der Abschnitt im Donautal und das mittlere Rheintal gewesen. Das wir am Rhein immer mal wieder den manchmal etwas eintönigen Rheinradweg auf dem Deich verlassen haben war eine gute Entscheidung. Auch der Lahntal-Radweg hat uns absolut begeistert, besonders landschaftlich reizvoll war der Teil von der Mündung in Koblenz bis Wetzlar. Die Strecke von Marburg bis nach Hause in Thüringen führte durch eine überwiegend schöne Landschaft, häufig auch auf sehr guten Radwegen.
In der Nacht hatte es sich endlich abgekühlt und wir konnten sehr gut schlafen. Von Weilburg starteten wir für wenige Kilometer direkt an der Lahn. Ab Löhnberg führt die Radroute mehr oder weniger parallel zur B49 bis Wetzlar. Diese ist sehr stark befahren, der Abschnitt ist also nicht der Schönste am Lahntadweg. Wirklich schön ist dagegen die Altstadt von Wetzlar. Sehr viele alte Fachwerkbauten dominieren das Zentrum. Im Dom sind wir auch gewesen. Dieser ist eher klein und schlicht, vielleicht hatte der Bischof ja damals einfach nicht genug Geld? Hinter Wetzlar wurde die Strecke ruhiger und der Radweg begleitete die mäandernde Lahn im mittlerweile sehr breiten Tal. Gießens Innenstadt ist das genaue Gegenteil von Wetzlar: die meisten Häuser sind eher nicht alt und schön. Also nur Mittagspause beim Asiaten. Auf dem Weg nach Norden haben wir am Holz- u. Technikmuseum Wettenberg halt gemacht. Vom Konzept her eher etwas für Schulklassen, na ja... Kurz vor Staufenberg war einer der seltenen Anstiege am Lahnradweg zu bewältigen. Nach dem Einkauf mussten wir dann noch einmal alles geben. Unser Hotel lag neben der Burg Staufenberg, der Weg nach oben war mit teilweise mehr als 10 % Steigung echt hart.
Die Nacht in der Pension neben der Burg war schön ruhig. Die ersten 25 km am Morgen bis Marburg radelten wir im Zickzack-Kurs im breiten Tal der Lahn. Nach wenigen Kilometern entdeckten wir auf einem Bauernhof eine Herde Kamele, verrückt! Schon weit vor Marburg erkennt man das Landgrafenschloss hoch über dem Lahntal. In Marburg sind wir mit dem Fahrstuhl(!) in die Oberstadt gefahren - wie cool. Dort trifft man auf eine schicke historische Altstadt mit einem schönen Rathaus. Nach der Kaffeepause folgten wir noch einige Kilometer der Lahn und bogen dann an der Mündung der Ohm nach Osten in Richtung Kirchhain ab. Die Landschaft wurde hügliger und links und rechts tauchten immer wieder Berge auf. In Stadtallendorf gab es nach fast 60 km endlich die verdiente Mittagspause. All you can eat beim Chinesen - und der Energiespeicher war wieder aufgefüllt. Ab jetzt wurde es richtig bergig, nach den vielen Tagen an Donau, Rhein und Lahn eher ungewohnt (spezielle Umleitungen ausgenommen). In Neustadt kurze Verschnaufpause in der kleinen historischen Altstadt. Auf dem Weg nach Schwalmstadt endete die Route auf dem Navi vor einem Zaun an einer neu gebauten Bundesstraße. Über die Baustellenstraße fanden wir dann zum Glück das andere "Ende" des Radweges. Offensichtlich war das Kartenmaterial hier nicht mehr ganz aktuell. In Schwalmstadt bogen wir auf den Rotkäppchen-Radweg ein, der uns auch morgen den ganzen Tag begleiten sollte. Gegen Vier erreichten wir unser Tagesziel Ziegenhain.
Nach dem Start am Morgen radelten wir zurück zum Rotkäppchen-Radweg. Dieser ist ein sogenannter Bahntrassenradweg und für die ersten 23 km sollte es ausschließlich bergauf gehen. Auch wenn die Steigung stets zwischen 1 - 3 % lag, war gerade der letzte Abschnitt bis zum höchsten Punkt wirklich anstrengend. Oben angekommen fanden wir einen Rastplatz mit super Aussicht auf die bergige Landschaft. Bei absoluter Stille konnten wir die Pause so richtig genießen. Und natürlich ging es auf der anderen Seite auch wieder lange bergab, sodass wir sehr entspannt bis nach Kirchheim rollen konnten. In Niederaula erreichten wir die Fulda und sind auf dem gut ausgebauten Radweg im schönen Tal der Fulda bis Bad Hersfeld gefahren. Hier gab's nach 60 km Pasta zur Mittagspause. Nach einem kurzen Bummel durch die nette, aber sehr volle Innenstadt nahmen wir die letzten 20 km in Angriff. Hinter Bad Hersfeld verließen wir den Fuldaradweg in Richtung Osten. Der Weg, den wir gewählt hatten, erwies sich wieder als Bahntrassenradweg, und Teil des Hessischen Bahnradweges. Das hieß für uns: 18 km bergauf radeln bis zum Ziel in Schenklensfeld. Immerhin verliert man auf einen solchen Weg zwischendurch keine Höhenmeter, da es stetig bergauf geht.
In der Nacht waren kräftige Gewitter über den Ort gezogen. Am Morgen schien zwar keine Sonne, aber es war auch kein Regen in Sicht. Die ersten Kilometer gingen natürlich erstmal bergauf, dafür folgte anschließend eine lange rasante Abfahrt ins Werratal. In Helmboldshausen stießen wir auf den Werraradweg, dem wir flußabwärts folgen wollten. Es dauerte nicht lange und der erste Kaliberg tauchte vor uns auf. Vor Heringen hatten wir einen klasse Blick auf den größten dieser Abraumhalden in der Kaliregion. Die Streckenführung des Werraradweges ist unserer Ansicht nach nicht immer optimal. So wird man in Heringen wegen 500 m von der Straße hinunter zur Werra geschickt und dann gleich wieder zurück. Oder der Radfahrer wird in Dankmarshausen auf einer Kopfsteinpflasterstraße bergauf geschickt, obwohl es im Dorf parallel eine asphaltierte Alternative gäbe. Oft führt die Strecke auf Straßen oder auch mal auf völlig kaputten Feldwegen. Schade eigentlich, den das Werratal ist landschaftlich sehr schön. Mittagspause in Hörschel, in der ersten offenen Gaststätte seit Gerstungen. Und wir wussten genau, wir sind wieder in Thüringen: es gab Thüringer Klöße und Vita Cola. Weiter ging's nach Creuzburg, die gleichnamige Burg hoch über dem Ort erkennt man schon von weitem. Hinter Creuzburg zeigte sich wieder, wie schlecht der Werraradweg abschnittsweise ist: er besteht aus einer holprigen Schotterpiste und das obwohl parallel eine ruhige Landstraße verläuft. Hinter Mihla radelten wir dann auf einem schönen Radweg in Flussnähe. 15 Uhr kamen wir in der Probstei Zella an, abseits jeglicher Hektik liegt der Gasthof inmitten der Natur.
In der Einsamkeit der Probstei Zella haben wir richtig gut geschlafen. Das erste Stück ließ sich wunderbar fahren. Im engen Tal der Werra radelten wir sehr entspannt bis Treffurt. Kurzer Fotostopp am wunderschönen Fachwerkrathaus und wenig später verließen wir in Heldra den Werraradweg. Ab zweigt der Unstrut-Werra-Radweg noch Norden ab. Eigentlich ist dieser Radweg wieder ein Bahntrassen-radweg, die ersten Kilometer merkt man davon leider überhaupt nichts. Auf einem schlechten Forstweg geht es kräftig bergauf. Nach wenigen Hundert Metern kreuzte die Strecke den ehemaligen Kolonnenweg der DDR -Grenztruppen. Das war einer der seltenen Momente, bei denen uns die ehemalige innerdeutsche Grenze bewusst wurde. Erst ab Wendehausen ist der Radweg ordentlich hergerichtet und lässt sich sehr gut fahren. Nach ca. 15 km bergauf ging es ab Heyerode ungefähr genauso lange bergab bis Mühlhausen. Die schöne Altstadt mit den beiden großen Kirchen gefällt uns jedes Mal, wenn die Stadt auf unserer Route liegt. Nach der Mittagspause beim Asiaten ging es zurück auf den Unstrut-Werra-Radweg, der ab Mühlhausen sehr gut ausgebaut ist. Mit einer stetigen Steigung von 1 - 2 % radelten wir über Schlotheim in Richtung Sondershausen. Bei Rockensußra führt der Radweg direkt an Europas größter Panzerverschrottungsanlage vorbei. Unzählige Schützenpanzer Marder standen dort in Reih und Glied. Wenig später erreichten wir die verschlafene Kleinstadt Ebeleben, unser Etappenziel für heute.
durch Hessen nach Osten
Zurück zum Unstrut-Werra-Radweg mussten wir feststellen, dass der Radweg nicht mehr auf einer Bahntrasse verläuft, denn diese war hier noch in Betrieb. Also wurde es hügeliger, der Radweg selbst blieb super ausgebaut. Vor Oberspier bot sich ein toller Ausblick auf die Landschaft in Richtung Süden. Kurz vor Sondershausen beginnt eine längere Abfahrt bis in die Kreisstadt. Im verschlafenen Zentrum haben wir uns das imposante Schloss angesehen, mehr Sehenswertes konnten wir nicht entdecken. Weiter ging's ab jetzt wieder auf der ehemaligen Bahntrasse, das blieb mit Unterbrechungen bis Bad Frankenhausen so. Die Strecke hat sich super fahren lassen, war verkehrsfrei, absolut ruhig und führte durch eine wunderschöne Landschaft. Wenige Kilometer vor Bad Frankenhausen tauchte der Kyffhäuser mit seinem Fernsehturm auf. Und hoch auf dem Berg über der Stadt thront das runde Gebäude des Panoramamuseums - im Volksmund Elefantenklo genannt.Sehenswert in der verschlafenen Kleinstadt ist der extrem schief stehende Kirchturm. Nach leckere Pasta zum Mittag erwartete uns auf dem Weg nach Artern ein wunderbares Stück Radweg: der Weg folgte einem schmalen, gewundenen Bach. Von Schilf gesäumt folgte Kurve auf Kurve, auf kleine, flachen Wasserflächen waren Enten und Reiher zu sehen. In Artern angekommen, lagen noch einige Höhenmeter bis zum Hotel vor uns. Unser Hotelzimmer war heute richtig klasse: wir hatten einen großen Balkon mit einem fantastischen Blick zum Kyffhäuser.
Nach einem ausgiebigen Frühstück starteten wir zeitgleich mit anderen Reiseradlern zurück zum Unstrutradweg. Das Unstruttal ist hier sehr breit und der schmale Fluss wirkt fast etwas verloren. Der Radweg selbst ist zwar durchgehend asphaltiert, aber anfangs schon sehr wellig und zu schmal. Bei Wendelstein lagen ausnahmsweise mal ein paar Höhenmeter zur gleichnamigen Burg vor uns. Die Burg selbst kann man nur von unten betrachten. Hinter Memleben, wo man eine ehemalige Kaiserpfalz besuchen könnte, die erste Pause unter einer wunderschönen alten Eiche. Von dieser Stelle hatten wir ein guten Blick auf hohe Felswände entlang einer Flussbiegung, deren Gestein rötlich schimmert. Wie fast immer an diesem Tag ging es in Flussnähe weiter in Richtung Freyburg. Bei Karsdorf unterquerten wir die riesige ICE-Brücke, die hier das gesamte Unstruttal überspannt. Bei Burgscheidungen tauchten an den Hängen entlang des Flusses die ersten Weinberge auf. In Laucha gab es in der einzigen Einkehrmöglichkeit nach 50 km (!) Pasta beim Döner. Nach der Kleinstadt tauchten auf unserer Flussseite wunderschön angelegte Weinterrassen auf. Bis Freyburg war es dann nicht mehr weit. Wir sind in die Altstadt abgebogen, um uns den Dom anzuschauen. Das funktionierte leider nur von außen, den die Kirche hatte geschlossen. Durch den Blütengrund radelnd erreichten wir die Mündung der Unstrut in die Saale. An selbiger ging es für uns heute bis Bad Kösen weiter. Nach knapp 30 °C freuten wir uns vor allem auf eine Dusche.
Der letzte Tag! Auf dem Saaleradweg radelten wir am Morgen an den Burgen Saaleck und Rudelsburg, die hoch über dem Tal thronen, zur Mündung der Ilm in Großheringen. Hier verließen wir schon weider den Saaleradweg und folgten ab jetzt dem Flüsschen Ilm. Auf unterschiedlich gut ausgebauter, hügliger Strecke radelt man auf kaum merklich bergauf. Zwischen Zottelstedt und Niederroßla wartet der einzige giftige Anstieg (45 Hm auf 1,2 km). Ab Oßmannstedt wird die Strecke richtig schön, in sanften Schwüngen begleitet der Radweg die Ilm bis Kromsdorf. Ab hier durchquert man den herrlichen Schlosspark Tiefurt (auf Spaziergänger aufpassen!) Zu Weimar muss ich sicher nicht mehr sagen als: Klassikerstadt. Wir interessierten uns mehr für die Gaumenfreuden. Nach der Einkehr beim Italiener nahmen wir die letzten 23 km bis nach Bad Berka in Angriff. Bis Mellingen ist die Strecke wunderbar eben, danach wird es schon etwas bergig. Nach insgesamt etwas mehr als 2.000 km kamen wir wieder in unserer Heimatstadt Bad Berka an..
Auch diese Radreise war wieder wirklich schön. Die Landschaft war sehr abwechslungsreich. Die Highlights für uns sind auf jeden Fall der Abschnitt im Donautal und das mittlere Rheintal gewesen. Das wir am Rhein immer mal wieder den manchmal etwas eintönigen Rheinradweg auf dem Deich verlassen haben war eine gute Entscheidung. Auch der Lahntal-Radweg hat uns absolut begeistert, besonders landschaftlich reizvoll war der Teil von der Mündung in Koblenz bis Wetzlar. Die Strecke von Marburg bis nach Hause in Thüringen führte durch eine überwiegend schöne Landschaft, häufig auch auf sehr guten Radwegen.
Fazit:
2.000 km in 27 Tagen: Radreise durch den Süden und Westen Deutschlands im Sommer 2024, Teil 2
Radreise durch Süd- und Westdeutschland
Tag 20 Weilburg - Staufenberg, 67 km
Die Landschaft wird flacher.
Tag 21 Staufenberg - Schwalmstadt, 84 km
Abschied von der Lahn
Tag 22 Schwalmstadt - Schenklensfeld, 81 km
Tag 23 Schenklensfeld - Frankenroda, 81 km
zurück in Thüringen
Tag 24 Frankenroda - Ebeleben, 72 km
noch ein Schwenk nach Norden
Tag 25 Ebeleben - Artern, 64 km
nach Norden zum Kyffhäuser
Tag 26 Artern - Bad Kösen, 80 km
an der Unstrut zur Saale
Tag 27 Bad Kösen - Bad Berka, 67 km
entlang der Ilm nach Hause
Tag 19 Nassau - Weilburg, 84 km
immer entlang der Lahn
Gleich am Start hieß es: Umleitung. Also sind wir der Beschilderung gefolgt. Nach einigen Hundert Metern bergauf warf ich einen Blick aufs Navi und mir schwante Böses. Da das Tal der Lahn hier sehr schmal ist, lief der Spaß auf eine großräumige Umleitung hinaus: 6 km nur bergauf mit anfangs 8 - 10 % Steigung, später 5 - 6 %. Das hat sich ein bisschen nach Alpenpass angefühlt. Cool war natürlich die kilometerlange rasante Abfahrt zurück ins Lahntal. Immer direkt am Fluss (und das meine ich wörtlich, ein Fahrfehler hätte ein Bad im Fluss bedeutet) radelten wir anschließend durch das wunderschöne Lahntal bis Limburg. In Dietz thront das schöne Schloss hoch über der Kleinstadt. In Limburg angekommen, waren wir nach der Stille im Lahntal im ersten Moment vom Trubel der vielen Touristen überrascht. Nach leckerer Pasta sind wir durch die wunderschöne historische, von Fachwerk geprägte, Altstadt gelaufen. Natürlich haben wir den Dom besucht, leider war der Altar eingerüstet. Zurück am Fluss radelten wir wie schon am Vormittag in absoluter Ruhe durch die schöne Landschaft an der Lahn. Zum Glück hatten wir häufig schattige Abschnitte, denn auch heute stand bei der Temperaturanzeige immer eine 3 ganz vorn. 11 km vor Weilheim dann noch eine letzte Pause in Fürfurt. Gegen Vier kamen wir ziemlich k.o. in Weilburg an. Dieser Tag war von der Belastung her der härteste, hohe Temperaturen und unerwartet viele Höhenmeter.